
Ein wunderschöner Oldtimer im Schulungseinsatz
Testpiloten haben die Aufgabe, neue oder modifizierte Flugzeugtypen zu erproben. Konkret ist die Aufgabe, die Leistungsdaten und
Auch Testpiloten und Flugtestingenieure müssen ausgebildet werden; das passiert in Testpilotenschulen. Traditionell wurden die von den Luftwaffen betrieben. Legendäre Beispiele sind die US Air Force Test Pilot School, die US Navy Test Pilot School, oder die Empire Test Pilot School. In den letzten Jahren sind aber auch zivile Testpilotenschulen entstanden. Die erste war meines Wissens die National Test Pilot School in Mojave, CA. In Europa hat sich Euro Flight Test etabliert, die am Siegerland Airport beheimatet ist. Unter anderem das DLR lässt seine Piloten dort ausbilden.
Euro Flight Test bietet mit seiner Testpilotenschule verschiedene Lehrgänge an die auf die unterschiedlichen Aufgabenfelder von Testpiloten und Flugtestingenieuren zugeschneidert sind: zivil vs. militärisch, Fokus auf Flächenflugzeug vs. Hubschrauber, Pilot vs. Ingenieur, Entwicklungstest vs. Produktionstest. Neben ganz viel Theorie besteht die Testpiloten- und Ingenieursausbildung vor allem daraus, möglicht viele, den Schülern zunächst unbekannte, unterschiedliche Flugzeugtypen zu fliegen. Bei diesen Flügen geht es einerseits um die sichere Beherrschung des Luftfahrzeugs nach Einarbeitung durch das Handbuch oder Gesprächen mit erfahreneren Piloten. Andererseits sollen die Schüler im Rahmen dieser Flüge aber eben auch die Flugeigenschaften erfliegen. Genau das haben die beiden Schüler Thomas und Guillaume im Juni mit der Stearman gemacht.
Reiner Exner, Managing Director & Chief Flight Test Engineer bei Euro Flight Test, erzählte mir, dass die Firma selbst fast keine Flugzeuge besitzt. Bei der relativ kleinen Menge an Schülern und der großen Bandbreite unterschiedlicher Typen würden die Ausbildungskosten sehr teuer werden, wenn die Schule "für die paar Stunden im Jahr" alle Flugzeuge selbst vorhalten würde. Stattdessen werden die Flugzeuge je nach Bedarf von Kooperationspartnern gechartert. Ein solcher Kooperationspartner ist Alois Bader, der in Tannheim eine wunderschöne Boeing Stearman betreibt. Der Ex-Airbus Mitarbeiter und heutige Berater und Luftfahrtsachverständige hat das Flugzeug in einem jahrenlangen Prozess selbst in Deutschland zum Verkehr zugelassen.
Warum grade die Stearman? Während dieses Flugzeug aus den 1930er und 1940er Jahren — sicherlich auch aufgrund seiner Konzeption als Schulflugzeug — in der Luft gut beherrschbar ist, erfordert es höchste Aufmerksamkeit und Konzentration bei der Landung. Als Spornradflugzeug befindet sich der Masseschwerpunkt hinter dem Hauptfahrwerk und es bildet somit ein instabiles System in der Vorwärtsbewegung. Problemtisch ist weiterhin das relativ schmale Hauptfahrwerk, sowie der recht hohe Schwerpunkt, da sich der Treibstofftank im oberen Flügel in der sogenannten "center section" befindet. All dies begünstigt die Instabilität bei der Landung und macht insbesondere Landungen bei Seitenwind sehr anspruchsvoll. Die Neigung zum "Springen" bei der Landung, mit den damit verbundenen Problemen, teilt dieses Flugzeug natürlich mit den meisten anderen Spornradflugzeugen. Ein Großteil der Stearman-Unfälle ist auf Probleme bei der Landung zurückzuführen.

Bevor ein Airliner von Frankfurt nach Los Angeles abhebt,
bevor zwei Eurofighter zu einer Luftkampf-Trainingsmission
starten, bevor ich mit meinem Kumpels Formationsflug übe,
und auch hier bei der Testfliegerei gibt es ein Preflight-Briefing: die wichtigen
Aspekte und die Arbeitsteilung des anstehenden Fluges werden
genau durchgesprochen. Für die Testfliegerei gilt ganz besonders das Prinzip der Risikominimierung. Dazu gehört dass jedes
Manöver genau geplant und gebrieft wird. Es wird genau festgelegt, was erflogen werden soll, welche Anfangshöhe
und
Entsprechend kann ein Briefing für einen einstündigen Messflug dann auch mal zwei oder drei Stunden dauern. Im aktuellen Fall waren die beiden Schüler beteligt, Reiner als Ausbilder, sowie Alois als Copilot — Alois war bei allen Flügen auf dem hinteren Sitz dabei. Alois hat den beiden "Opfern" auch Tipps gegeben wie man bestimmte Manöver am besten fliegen sollte um nicht an Eigenheiten des Flugzeugs zu scheitern.
Nach dem Flug wird übrigens gleich weitergebrieft: was hat gut geklappt, was nicht so, sind die Testergebnisse plausibel, haben alle Sensoren funktioniert, war die Kamera an, was müssen wir bei einem vielleicht nächsten Flug wiederholen?

Neben der Vorbereitung des Testflugs was die Testkarten angeht, muss natürlich der Flieger morgens auch ordentlich durchgeschaut werden. Ist genug Öl im Motor? Hat es neue Flecken oder Verfärbungen im Motor? Sind alle Deckel ordentlich verschlossen? Sind alle Rutschmarkierungen noch da wo sie sein sollen? Sind alle Seile gespannt und die Steuerflächen spielfrei? Ist der Prop fest? Ist genug Luft in den Reifen? Ist genug Sprit im Tank? Letzeres war nicht der Fall, weswegen Alois die Kiste getankt hat. Hunderzehn Liter hat er reingefüllt, passend für den einstündigen Flug plus genug Reserven.

Piloten leben von Checks. Neben denen morgens vor dem Flugbetrieb gibts auch solche vor jedem Start. Nochmal Sprit, Zündsysteme, Motorrundlauf, alle angeschnallt? Was macht der Wind? Nach Abarbeiten der entsprechenden Checkliste gehts dann los zum Abflugpunkt. Da unterscheidet sich die Testfliegerei dann nicht von der normalen.

Dann geht's in die Luft. Da war ich leider nicht dabei. Wir hatten ursprünglich geplant, auch Air-2-Air Bilder zu machen, aber das ist dann mangels Fotopilot leider ausgefallen. Müssen wir irgendwann nachholen.

Zum Schluss haben wir natürlich noch ein schönes Teambild mit Flugzeug gemacht. An dieser Stelle möchte ich mich auch dafür bedanken, dass ich fotografieren durfte. Hat viel Spass gemacht. Und vielen Dank an Reiner und Alois fürs Korrekturlesen des Artikels!

Im Rahmen meines Podcast omega tau habe ich übrigens ein paar Mal mit Testpiloten und -ingenieuren geredet. Wer also mehr wissen will, kann hier reinhören: Flight Testing at NASA Dryden • Airbus Flight Test • Flight Research at NASA Armstrong • Flying the P-3C Orion • Flying and Testing the F-35 • Helicopter Flight Test. Zusätzlich gibt es Informationen rund um die Testpilotenausbildung auf der Webseite von Euro Flight Test.