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Planet Feuchtwangen

Eine Richtungfahrbahn einer Autobahnbrücke wird mit Baggern, Meißeln und großen Kranen nachts bei Kälte und Regen abgerissen.




Autobahnbaustellen sind spannend denn man versucht, die Verkehrsbeeinträchtigung so kurz wie möglich zu halten (auch wenn einem das als Autofahrer oft anders vorkommt). Bei der Baustelle am Kreuz Feuchtwangen ging es darum, die Brücke der A7-Richtungsfahrbahn nach Ulm über die A6 abzureißen. Dazu musste natürlich auch die darunterliegende A6 am Kreuz komplett gesperrt werden. Ich war dort um nach Absprache mit Wiesbauer um deren Krane zu fotografieren, aber es sind auch coole Bilder von Baggern entstanden.

Für den relativen Laien fängt das Problem schon damit an, halbwegs sinnvoll an die Baustelle ranzufahren ... es ist ja alles abgesperrt, Umleitungen und so weiter. Nach ein bisschen Rumgeeier habe ich mich dann getraut durch die Absperrung durchzufahren ("Baustellenfahrzeuge frei"). Ich konnte bis fast an die Brücke heranfahren. Das war auch gutbei dem Sauwetter! Foto zusammensuchen, Regenschutzhülle einpacken, Sicherheitsschuhe, Mütze und Helm auf, Warnweste anziehen. Dann: jemand finden der irgendwie zuständig ist und Bescheid erklären warum man da ist und dass man niemand im Weg rumlaufen wird und dass die Bilder alle freigegeben werden ("Um Gottes Willen niemand ohne Helm fotografieren"). Und hoffen das der Zuständige oder sein Chef(chef) nix dagegen hat. Eine Lesson Learned der Baustellenfotografie ist, dass es immer noch jemand gibt der noch mehr zu sagen hat: Vorarbeiter, Bauleiter, der Bauleiter von Generalunternehmer, der Repräsentant des Auftraggebers, hier also jemand von der Autobahn-GmbH und so weiter. Und alle sind der Meinung dass sie entscheiden können ob ich da jetzt rumlaufen darf oder nicht :-) Am besten alle fragen.

Dann kanns mit dem Fotografieren losgehen. Mehr oder weniger. Denn die erste Stunde oder zwei bin ich meistens damit beschäftigt die Baustelle und die nähere Umgebung zu erkunden. Von wo kann man coole Fotos machen, welche Perspektiven funktionieren am besten? Wo werde ich wieder weggeschickt weil jemand der Meinung ist, dass ich da nicht hin darf oder es zu gefährlich ist? Bei Brückenbaustellen gibt es oft die besondere Schwierigkeit, dass man nicht auf die andere Seite kommt. Denn die Brücke die dort hin führt ist ja weg. Hier war zum Glück noch die Brücke der anderen Richtungsfahrbahn vorhanden. Da war aber Verkehr ... alles nicht so einfach. Abenteuer Fotografie :-)

Zurück zur eigentlichen Baustelle. Der lasttragende Kern der Brücke bestand aus massiven Stahlbetonträger-Fertigteilen. Mehrere davon überspannten die A6, nebeneinander liegend. Sie lagerten am Nord- bzw. Südende der Brücke sowie auf Pfeilern in der Mitte zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen der A6. Darüber war eine (im Vergleich mit den Trägern) relativ dünne Stahlbetonschicht, auf die wiederum die Fahrbahn geteert war. Um die Brücke abreißen musste die Asphalt- und Betonschicht zwischen den Trägern abgetragen und danach die Träger herausgehoben werden.

Die Betonschicht wurde von Wacker mit Hydraulikmeißeln herausgeschlagen die am Arm von Baggern montiert waren. Die Stahlarmierung wurde mit Hydraulikscheren, auch an Baggern, getrennt. Wo die nicht hinkamen wurden Schweißbrenner eingesetzt. Obwohl mehrere Bagger parallel im Einsatz waren hat sich das echt hingezogen. Irgendwann spät in der Nacht war der Beton endlich weg, und die Träger konnten raus. Dazu waren Wiesbauer's zwei große im Einsatz. Am Nordende der Brücke stand der LTM 1750, am Südende der AC-700. Sie haben jeweils die nördlichen und die südlichen Träger rausgehoben.

Fotografisch war das ganze nicht so ganz einfach: es war ja mehr oder weniger dunkel. Klar, es gibt Scheinwerfer, die Arbeiter müssen ja auch was sehen. Aber direkt in die Scheinwerfer zu fotografieren ist oft auch nicht so geil. Man hat halt viel Ausschuss bei so einer Aktion.

Vom Abenteueraspekt her war das eine sehr coole Sache. Der Titel der Story, "Planet Feuchtwangen", soll das zum Ausdruck bringen: es war ein bisschen wie auf einem anderen Planeten. Dunkel, nass, kalt, laut, Schweinwerfer, die Bagger und Krane, riesige schwebende Betonträger. Sehr cool. Und wohl auch nicht so ganz ungefährlich, ich bewege mich da immer sehr vorsichtig. Hatte ich erwähnt dass es kalt und nass war? Irgendwann gegen 02:00 morgens als zwei der Träger rausgehoben waren hab ich aufgegeben und bin zufrieden ins Hotel.